Die Sächsische Zeitung berichtete am 23.12.2023 über unser Vereinsmitglied die Architektin Antje Hainz und ein spannendes Sanierungsvorhaben am Theaterplatz:
Meißen: Die „Sonne“ strahlt wieder
Von Harald Daßler
Das historische Gasthaus zeigt sich in neuer Pracht. Jetzt wird der Ausbau im Inneren und eines weiteren Gebäudeteils vorbereitet.
Meißen. Seit vor wenigen Tagen die Gerüste fielen, strahlt das Haus am Theaterplatz 14 in neuer Schönheit. Bis auf die roten Begleitstriche an den Fensterfaschen und die Treppe am Eingang ist das einstige Gasthaus Zur Sonne äußerlich fertig. Damit ist ein weiterer Bauabschnitt zur Rettung dieses Hauses, dessen Baugeschichte sich bis in das Jahr 968 zurückverfolgen lässt, geschafft.
Aus jenem Jahr ist überliefert, dass das Gelände unterhalb des Bischofssitzes als Hafenbecken diente. „An der Stelle des heute noch stehenden Baukörpers des Gasthofs befand sich, nach allem was wir aus späteren Quellen wissen, das Bischöfliche Brauhaus“, erläutert Antje Hainz. Die Meißner Architektin betreut gemeinsam mit ihrem Mann Andreas die denkmalgerechte Sanierung dieses historischen Gebäudekomplexes.
Das jetzt äußerlich fast wieder hergestellte Hauptgebäude stammt nach der Inschrift am Sitznischenportal aus dem Jahr 1561. Durch Zukäufe, Brände und zahlreiche Umbauten ist die genaue Baugeschichte schwer zurückzuverfolgen, sagt Antje Hainz. Auch deshalb kommen auf der Baustelle Überraschungen zum Vorschein – wie Reste von Wandmalereien in der ehemaligen Gaststube.
In den Jahren nach der Wende schien die „Sonne“ dem Verfall preisgegeben. Schwierige Besitzverhältnisse, das Hochwasser von 2002 und das nur notdürftig gesicherte Dach hatten eine Rettung fast aussichtslos erscheinen lassen. Deshalb war es ein Glücksfall, dass Meinolf Krohner, der in Meißen die Häuser in der Görnischen Gasse 2, 3 und 4 saniert hatte, die „Sonne“ erworben und gemeinsam mit dem Büro Andreas und Antje Hainz die Sanierung vorbereitet hatte.
Zunächst mussten das zur Liegenschaft des früheren Kinos gehörende Gebäude auch juristisch einwandfrei abgetrennt und weitere Notsicherungen am Dach ausgeführt werden, berichtet Antje Hainz. Im Jahr 2018 begannen die Arbeiten zur Sanierung des Hängesäulendaches, die „hohe Zimmermannskunst“ erforderten. Offensichtliche Risse in der Fassade zum Theaterplatz mussten durch Vernadeln repariert werden. Ebenso galt es, die historischen Balkendecken statisch zu ertüchtigen und Teile der Holzbalkenkonstruktion zu erneuern.
Im nächsten Jahr soll das angrenzende Barockgebäude eine neue Fassade erhalten und der Gebäudekomplex von innen ausgebaut werden. Für die Vergabe der Bauarbeiten bereitet das Büro Hainz die Ausschreibungen vor. Mit dem Verweis auf die Situation in der Baubranche und die Entwicklung der Baupreise will sich Antje Hainz heute noch nicht genau auf ein Ende der Bauarbeiten festlegen.
Fest steht, dass im Ober- und im Dachgeschoss insgesamt fünf Wohnungen unterschiedlicher Größe entstehen. Jede der zwei bis fünf Räume umfassenden Wohnungen soll mit Freisitzen auf einem Balkon oder einer Loggia ausgestattet sein. Im Bereich der ehemaligen Gaststätte im Erdgeschoss soll sich wieder eine gastronomische Einrichtung mit bis zu 40 Plätzen ansiedeln. Die Planungen sehen auch ein doppelgeschossiges Carport mit Stellflächen für vier Fahrzeuge vor.
Im Zuge der Bauarbeiten im barocken Seitengebäude entsteht an der Straße Am Schlossberg ein neuer Eingangsbereich mit Treppenhaus, das beide Gebäude erschließt. Die Planungen dazu waren eine besondere Herausforderung, berichtet die Architektin: Es galt die unterschiedlichen Höhen in beiden Häusern über die Treppenstufen auszugleichen. Bis die genaue Höhe der einzelnen Stufen ermittelt war, bedurfte es zahlreicher Varianten-Simulationen am Computer.
Das Bild der Fassade zum Theaterplatz wird im nächsten Jahr durch die historische Treppe ergänzt. Sie soll wieder so entstehen wie sie auf historischen Abbildungen zu sehen ist – in einer Breite von 1,60 Meter und mit 19 Zentimetern höheren als üblichen Stufenhöhen. Das geborgene historische Geländer aus dem 19. Jahrhundert wird bereits in einer Schmiede aufgearbeitet.
Auf über eine Million Euro beziffert Antje Hainz die Investitionen des Bauherrn, die bislang in die ersten drei Bauabschnitte der „Sonne“- Sanierung geflossen sind. Die für das nächste Jahr geplanten Arbeiten im vierten Bauabschnitt werden mindestens eine weitere Million erfordern. Wenn alles erledigt ist, erfüllt sich am Theaterplatz und Schlossberg auch das Vermächtnis von Andreas Christl und Ingolf Brumm – zweier engagierter Meißner, die sich für die Rettung der historischen Bausubstanz in der Stadt einsetzten. (SZ)